Dem Fletschhorn fehlen nur ganze 7 Meter, um im Konzert der Viertausender mitmischen zu können. Um dies zu ändern hat man in der 1980er Jahren allen ernstes in Erwägung gezogen, den Gipfel
künstlich auf 4000 Meter aufzustocken, um mit einem zusätzlichen Viertausender im Saastal werben zu können. Zum Glück wurde dieses Hirngespinst wieder verworfen und das Fletschhorn so belassen
wie es ist: komplexe Geometrie, rassige Nordwand und einen schönen Normalaufstieg.
Gerade weil es nicht ganz die 4000 Meter-Marke erreicht, ist es auch nicht so überlaufen wie die benachbarten Gipfel des Lagginhorns und des Weissmies, was eine Besteigung durchaus interessanter
und angenehmer werden lassen kann. Schaue man vom Gipfel einfach nur kurz hinüber zum Weissmies-Normalweg und verfolge die Menschenketten, die sich dicht gedrängt die WNW-Flanke hinauf winden,
dann weiß man was man hat, vom Gipfel des Quasi-4000ers.
Der hier beschriebene Aufstieg über die W-Flanke und den NW-Grat ist der Normalweg und insgesamt nicht wirklich schwierig. Jedoch apert in letzter Zeit das steile Schnee- oder Eisfeld (Couloir)
zunehmend aus, so dass diese Stelle zunehmend Probleme bereiten kann.
Auch bei unserer Begehung 2004 war dieses Couloir die größte Schwierigkeit, da es nur noch wenig Firn aufwies und eine Mixtur aus Geröll und eisigen Anteilen aufgewiesen hat. Insbesondere im
Abstieg kann dies nochmals ein heikles Unterfangen darstellen. Die im SAC-Führer beschriebene Ausweichmöglichkeit über die von unten gesehen linken Felsen (vom Frühstücksplatz aus rechter Hand)
wurden uns beim Abstieg ebenfalls eher zum Verhängnis, weil die Orientierung und Routenfindung dort nicht einfach ist. Ein Abseilen über unangenehmes Gelände war das Ergebnis. Dennoch ist der
Aufstieg auf das Fletschhorn bei guten Verhältnissen lohnenswert und stellt eine gute Alternative zu den erwähnten Nachbargipfeln dar.
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Direkt von der Weissmieshütte beginnt ein Weg in Richtung der linken Moräne des Tälligletschers. Ziemlich am Ende der Moräne wird kurz auf den Gletscher abgestiegen. Über den Gletscher wird nun
tendenziell links ausholend aufgestiegen, um die Eisabbrüche des Fletschhorngletschers auf Distanz zu halten und die vielen Spalten zu umgehen. Man quert fast bis zu den Felsen des Jegigrates und
steigt dann über eine Geröllmulde weiter auf. Hernach folgt das steile Firn- oder Eiscouloir, welches die Hauptschwierigkeit darstellt und bei schlechten Verhältnissen sehr heikel sein kann. Das
Couloir mündet schließlich in P. 3527 m, dem so genannten "Frühstücksplatz". Bis hierher sind gute 3 h einzuplanen.
Von P. 3527 m wird nun zunächst kurz in Richtung des P. 3914 m aufgestiegen, um dann über den Grüebugletscher schräg aufsteigend zu queren. Diese Querung endet auf dem NW-Grat im Sattel auf ca.
3840 m. Der anschließende Firngrat bietet keine sonderlichen Schwierigkeiten und führt direkt zum Gipfel. Vom Frühstücksplatz bis zum Gipfel ist nochmals eine Zeitressource von einer guten Stunde
zu berechnen.
Hinweis: Beim Abstieg ist die Umgehung des Couloirs rechts in den Felsen nicht zu empfehlen, da die Routenfindung dort nicht einfach ist und ein Versteigen in ebenfalls unangenehmes Gelände
leicht möglich ist.